Haus & Grund wendet sich gegen Grundsteuererhöhung

Dass die Kämmerer angesichts der rückläufigen Einnahmen der Städte und Gemeinden aus der Gewerbesteuer händeringend nach Möglichkeiten suchen, ihre Haushaltslöcher zu stopfen ist nicht neu. Die Grundsteuer eignet sich aus der Sicht der Kämmerer besonders gut, weil sie vollständig konjunkturunabhängig ist.

Dass die Kämmerer angesichts der rückläufigen Einnahmen der Städte und Gemeinden aus der Gewerbesteuer händeringend nach Möglichkeiten suchen, ihre Haushaltslöcher zu stopfen ist nicht neu. Die Grundsteuer eignet sich aus der Sicht der Kämmerer besonders gut, weil sie vollständig konjunkturunabhängig ist. Besonders die großen Städte in Deutschland haben deshalb zum Teil bereits kräftig an der Steuerschraube gedreht und die Grundsteuer für Immobilien (Grundsteuer B) oftmals drastisch erhöht, wie aus den Zahlen des Statistischen Bundesamtes hervorgeht.

Die Kommunen in Sachsen haben sich bisher zurückgehalten. Während im Freistaat bis dato keine Stadt mit mehr als 50.000 Einwohnern die Grundsteuer B gegenüber 2009 erhöht hat, griffen insbesondere die Städte in Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen den Bürgern tiefer in die Tasche. Den wohl heftigsten Anstieg des Grundsteuerhebesatzes mußten die Einwohner in Stuttgart hinnehmen ? dort wurde der Hebesatz der Grundsteuer B von 400% auf 520% angehoben. Ein Plus von 30% gegenüber 2009! Jetzt reiht sich aber leider auch Leipzig in die Reihe der Spitzenreiter ein.

Der Hebesatz soll von 500% auf 635% erhöht werden ? immerhin auch 27% - und zieht damit mit Dresden gleich, das mit seinem Hebesatz von 635% bislang in Sachsen einsamer Spitzenreiter war, gefolgt erst von Machern und Deutzen mit jeweils 540%. In Chemnitz beträgt der Hebesatz 475%. Wir bezweifeln nicht die Finanzklemme der Stadt und hätten deshalb auch nichts gegen eine moderate Erhöhung einzuwenden gehabt. Es darf nämlich nicht übersehen werden, daß Grundeigentum bereits durch eine Vielzahl grundstücksbezogener Gebühren, Beiträge und Umlagen belastet ist, die der Finanzierung kommunaler Aufgaben und Einrichtungen dienen. Die Grundsteuererhöhung ist letzten Endes auch unsozial, weil sie Mieter, Wohnungseigentümer und Eigenheimer in wirtschaftlich ohnehin schwierigen Zeiten zusätzlich belastet, insbesondere auch Familien. Sie führt nämlich wegen ihrer Umlagefähigkeit zu einer Erhöhung der Nebenkosten und ist dadurch mietpreistreibend. Für selbstnutzende Eigentümer ist die Grundsteuer eine Substanzsteuer, die nicht aus den Erträgen von Immobilien beglichen werden kann, sondern aus anderen Einkünften bestritten werden muß. Ganz nebenbei erhöht sich das Grundsteueraufkommen durch Wertfortschreibungen und Neuerschließungen jährlich ganz von selbst, auch ohne Erhöhung des Hebesatzes.
In diesem Zusammenhang ist ein Aspekt von Bedeutung: Bemessungsgrundlage der Grundsteuer ist der sogenannte Einheitswert des Grundbesitzes, der nach einer allgemein als antiquiert angesehen Methode ermittelt wird. Dieser Einheitswert müßte nach den Vorschriften des Bewertungsgesetzes eigentlich alle sechs Jahre neu ermittelt werden. Da die Finanzverwaltung aber personell nicht in der Lage ist, diese Wertermittlung durchzuführen, gelten in den alten Bundesländern immer noch die Werte auf den 1.1.1964. In den neuen Bundesländern ist seit der Wiedervereinigung überhaupt noch keine Hauptfeststellung durchgeführt worden. Hier gelten immer noch die Werte, die auf den Wertverhältnissen vom 1.1.1935 basieren. Es liegt auf der Hand, daß die so ermittelten Werte in West und Ost erheblich auseinanderfallen. Das hat auch der Bundesfinanzhof in seinem aktuellen Urteil vom 30. Juni 2010 II R 60/08 so gesehen und den sich daraus ergebenden gleichheitswidrigen Zustand als verfassungsrechtlich nicht mehr hinnehmbar bezeichnet. Er hält deshalb eine allgemeine Neubewertung des Grundvermögens für Zwecke der Grundsteuer für erforderlich.
Die Reform der Grundsteuer ist schon seit vielen Jahren ein Thema der Bundesgesetzgebung, wurde aber immer wieder auf die lange Bank geschoben. Es gibt aber bereits verschiedene Modelle,
wie dieser Wert ermittelt werden soll. Eines bleibt bei allen Modellen aber gleich: Der Wert wird höher sein, als bisher ? und zwar nicht unerheblich wie man sich bei dem bisherigen Wertermittlungsstichtag 1.1.1935 auch leicht vorstellen kann. Wenn aber dieser Wert ? die emessungsgrundlage für die Berechnung der Grundsteuer ? steigt, erhöht sich automatisch auch die Grundsteuer entsprechend, gewissermaßen durch die Hintertür ohne daß es eines weiteren Zutuns der Kommunen bedarf.
Im Hinblick auf die geplante kräftige Erhöhung der Grundsteuer warnen wir bereits heute davor,
was durch die Reform der Grundsteuer ohnehin auf uns zukommen wird und fordern die zuständigen
Gremien dazu auf, das bei der zu beschließenden Anhebung des Hebesatzes zu bedenken.
Die anstehende Reform der Grundsteuer darf nicht zu einer weiteren automatischen Erhöhung führen, sondern muß durch eine dann vorzunehmende Absenkung des Hebesatzes aufkommensneutral gestaltet werden. Es wäre vorbildlich, wenn das bereits in den jetzt anstehenden
Stadtratsbeschluß einbezogen werden könnte.

StB Peter Heberger

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