Sanierungssatzungen: Rückwirkende Heilung von Satzungsfehlern höchst bedenklich

Der Eigentümerverband Haus & Grund Leipzig fordert die Stadt Leipzig und die Ratsfraktionen auf, die noch im Juni geplante Beschlussfassung im Stadtrat zu den bestehenden Sanierungssatzungen in Leipzig auszusetzen.

Haus & Grund fordert Beteiligung von Bürgern und Interessenvertretungen


Der Eigentümerverband Haus & Grund Leipzig fordert die Stadt Leipzig und die Ratsfraktionen auf, die noch im Juni geplante Beschlussfassung im Stadtrat zu den bestehenden Sanierungssatzungen in Leipzig auszusetzen.

Hintergrund ist, dass das Verwaltungsgericht Leipzig in zwei Verfahren die Sanierungssatzung "Innerer Süden" der Stadt Leipzig gekippt hat. Das Verwaltungsgericht Leipzig hat bei der zugrunde liegenden Sanierungssatzung einen Verstoß gegen das Rechtsstaatsgebot festgestellt, da die Grenzen des Sanierungsgebietes und damit der Kreis der Abgabenschuldner nicht hinreichend bestimmt sei (Bestimmtheitsgebot). Aufgrund der Sanierungssatzung konnte nicht genau bestimmt werden, welche Grundstücke und Flächen im Sanierungsgebiet liegen und welche nicht. In Sanierungssatzungen müssen aber die Grenzen des Sanierungsgebietes und damit deren jeweiliger Geltungsbereich zweifelsfrei festgesetzt sein. Flächen, die im Geltungsbereich der Sanierungssatzung liegen, müssen hinreichend konkret bezeichnet sein.
Die Stadtverwaltung hat daraufhin auch alle anderen Sanierungssatzungen geprüft und "bei allen Sanierungssatzungen Form- und Verfahrensfehler festgestellt". Dabei handelt es sich vorwiegend um Ausfertigungs- und Bekanntgabefehler. Darüber hinaus wurden zum großen Teil auch Gebietsabgrenzungsprobleme festgestellt. Dabei wiederum handelt es sich um schwerwiegende Verstöße gegen das Bestimmtheitsgebot. Deshalb werden die Satzungen aller 17 Sanierungsgebiete der Stadt Leipzig als fehlerhaft angesehen. Die Fehler führen dazu, dass derzeit keine wirksame Rechtsgrundlage für die Erhebung von Ausgleichsbeträgen von Grundstückseigentümern existiert. Außerdem stehen damit bereits an die Stadt geflossene Fördergelder der EU, des Bundes und des Landes in Frage.

Die im Juni vorgesehene Beschlussfassung im Stadtrat soll jetzt dazu dienen, die vom Verwaltungsgericht Leipzig festgestellten Fehler der seit 1991 erlassenen Sanierungssatzungen rückwirkend in einem Eilverfahren zu heilen.

Der Eigentümerverband Haus & Grund in Leipzig sieht die rückwirkende Heilung aller Sanierungssatzungen in rechtlicher Hinsicht als höchst bedenklich an, vor allem, wenn die Stadt jetzt versucht, die Grenzen der Sanierungsgebiete erstmalig wirksam festzulegen. Eine rückwirkende Heilung von materiell-rechtlichen (inhaltlichen) Satzungsfehlern ist rechtlich nur in eng begrenzten Fällen zulässig. Liegen womöglich "Ewigkeitsfehler" vor, worauf die Beschlussunterlagen hindeuten, lassen sich die Satzungsfehler nun gar nicht mehr heilen.

Offen ist auch, wie sich der jüngste Spruch des Bundesverfassungsgerichts zu kommunalen Abgaben auswirkt. Im März hat das Bundesverfassungsgericht bei der Heranziehung zu kommunalen Abgaben hervorgehoben, dass das Rechtsstaatsprinzip und die daraus abzuleitenden Grundsätze des Vertrauensschutzes und der Rechtssicherheit zu beachten sind. Abgaben sind danach nur zeitlich begrenzt zulässig, zumal wenn es um Maßnahmen geht, die Jahrzehnte zurückliegen.

Schließlich muss die Stadt bei einer rückwirkenden Inkraftsetzung und Fehlerheilung alle relevanten Interessen erneut abwägen, besonders wenn sich gegenüber der früheren Planung die Abwägungsinteressen geändert haben. Die Bürger und Interessenvertreter müssen deshalb Gelegenheit haben, im politischen Verfahren angehört zu werden.

Haus & Grund fordert daher die Stadtratsfraktionen und die Stadtverwaltung auf, das Verfahren auszusetzen, damit eine umfassende Interessenabwägung und Öffentlichkeitsbeteiligung stattfinden kann.


Haus & Grund Leipzig | RA Dr. Eric Lindner

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