Rückforderungen wegen Flächenabweichung und Verjährung

Der Mieter hat nicht schon durch bloßes Ansehen oder Nutzen der Wohnung Kenntnis davon, dass die Wohnfläche von der mietvertraglich vereinbarten abweicht. Die erforderliche Kenntnis erhält er erst durch das Vermessen der Räume. Das geht aus einer aktuellen Entscheidung des Landgerichts Krefeld hervor (LG Krefeld, Urt. v. 07.11.2012 – 2 S 23/12, MietRB 2013, 33).

Der Mieter hat nicht schon durch bloßes Ansehen oder Nutzen der Wohnung Kenntnis davon, dass die Wohnfläche von der mietvertraglich vereinbarten abweicht. Die erforderliche Kenntnis erhält er erst durch das Vermessen der Räume. Das geht aus einer aktuellen Entscheidung des Landgerichts Krefeld hervor (LG Krefeld, Urt. v. 07.11.2012 – 2 S 23/12, MietRB 2013, 33).

Die Parteien stritten um eine Mietminderung aufgrund einer erheblichen Flächenabweichung. Die klagende Mieterin hatte ab 1985 zuerst eine Wohnung vom Vermieter im 2. OG des Gebäudes und ab 2005 dann eine baugleiche im 1. OG gemietet. Mietvertraglich war eine Fläche von 65 m² angegeben. Anlässlich von Bodenbelagsarbeiten ließ die Mieterin die Wohnung von einem Handwerker im Jahr 2010 vermessen, der mittels Lasermessung feststellte, dass die Wohnung lediglich 52,83 m² groß sei. Daraufhin begehrte die Mieterin die Rückzahlung von 48,00 € pro Monat zu viel gezahlte Miete für den Zeitraum von Mai 2005 bis November 2011 (78 Monate) in Höhe von insgesamt etwa 3.744 €. Der Vermieter wendet dagegen ein, dass der Mieterin der Mangel der Wohnung schon deshalb eher bekannt gewesen sei, weil sie vor Vertragsabschluss jahrelang eine baugleiche Wohnung im Gebäude genutzt habe.

Die minderungsbedingte Rückzahlungsklage der Mieterin war erfolgreich. Nach Auffassung des Gerichts sei die Wohnung mangelbehaftet, weil sie um etwa 12 m² kleiner als vertraglich vereinbart sei. Deshalb könne die Mieterin für den gesamten Zeitraum den von ihr ermittelten Minderungsbetrag geltend machen. Vor allem sei nicht davon auszugehen, dass die Mieterin die Flächenabweichung schon kannte, so dass ihre Minderungsrechte nicht nach § 536b BGB ausgeschlossen seien. Denn sowohl für die Kenntnis eines Mietmangels als auch für den Beginn der regelmäßigen Verjährung (§ 199 BGB) sei positive Kenntnis der Flächenabweichung erforderlich. Diese Tatsachenkenntnis in Bezug auf die Flächenabweichung erlange der Mieter erst durch Nachmessen der Wohnung und nicht schon durch das Nutzen oder Ansehen der Mieträume.

Die Entscheidung ist maßgeblich für Verjährungsfragen. Ohne Vermessung der Wohnung dürfte eine konkrete Kenntnis von einer Flächenabweichung beim Mieter nur ausnahmsweise vorliegen (so auch Emmert, WuM 2013, 149 [150]). An diese Kenntnis knüpft aber der Verjährungsbeginn an. Sofern Mietrückzahlungsansprüche vom Mieter geltend gemacht werden, die Zeiträume betreffen, die zehn Jahre oder länger zurückliegen, ist auch § 199 Abs. 4 BGB zu prüfen. Darin ist für alle der regelmäßigen Verjährung unterliegenden Ansprüche der Eintritt der Verjährung nach 10 Jahren ab Entstehen des Anspruchs und ohne Rücksicht auf die Anspruchskenntnis geregelt (Wolf/Neuner, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, 10. Aufl., 2012, § 22 Rdnr. 37).

Der Vermieter oder Verwalter kann Flächenabweichungsprobleme vermeiden, wenn er vertraglich klarstellt, dass nicht für eine bestimmte Fläche eingestanden werden soll. Dieser Umstand muss allerdings unmissverständlich ausgedrückt werden (BGH, Urt. v. 10.11.2010 – VIII ZR 306/09, NZM 2011, 70; Abramenko, MietRB 2013, 33 [34]). Demgegenüber genügt es nicht, wenn vertraglich die Größe der Wohnung durch eine „ca.“-Angabe relativiert wird (BGH, Urt. v. 10.03.2010 – VIII ZR 144/09, NZM 2010, 313).



Haus & Grund Leipzig | RA Dr. Eric Lindner


Gesetzestext
§ 199 BGB
(1) Die regelmäßige Verjährungsfrist beginnt, soweit nicht ein anderer Verjährungsbeginn bestimmt ist, mit dem Schluss des Jahres, in dem
1. der Anspruch entstanden ist und
2. der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste.
(4) Andere Ansprüche […] verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an.

§ 536b BGB
Kennt der Mieter bei Vertragsschluss den Mangel der Mietsache, so stehen ihm die Rechte aus den §§ 536 und 536a nicht zu. Ist ihm der Mangel infolge grober Fahrlässigkeit unbekannt geblieben, so stehen ihm diese Rechte nur zu, wenn der Vermieter den Mangel arglistig verschwiegen hat.

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