Schönheitsreparaturen nach "angemessenen Zeitabständen" und "Grad der Abnutzung"

Eine mietvertragliche Formularklausel, nach der der Mieter „nach dem Grad der Abnutzung gemäß nachstehendem Fristenplan“ verpflichtet ist, die laufenden Schönheitsreparaturen durchzuführen, benachteiligt den Mieter unangemessen gem. § 307 Abs. 1 S. 1 BGB und ist deswegen unwirksam. Das hat aktuell das Landgericht Gießen entschieden (LG Gießen, Urt. v. 04.07.2012 – 1 S 11/12, WuM 2012, 604).

Eine mietvertragliche Formularklausel, nach der der Mieter „nach dem Grad der Abnutzung gemäß nachstehendem Fristenplan“ verpflichtet ist, die laufenden Schönheitsreparaturen durchzuführen, benachteiligt den Mieter unangemessen gem. § 307 Abs. 1 S. 1 BGB und ist deswegen unwirksam (LG Gießen, Urt. v. 04.07.2012 – 1 S 11/12, WuM 2012, 604).

In einem Mietvertrag war eine Formularklausel über die Verpflichtung des Mieters zur Durchführung der laufenden Schönheitsreparaturen enthalten. Nach dieser Formularklausel konnte der Vermieter

"spätestens bei Ende des Mietverhältnisses alle bis zu diesem Zeitpunkt nach dem Grad der Abnutzung und Beschädigung gemäß nachstehendem Fristenplan erforderlichen Instandsetzungen und Schönheitsreparaturen"

 vom Mieter verlangen, wobei im Vertrag hinsichtlich der Fristen

"auf als angemessen geltende Zeitabstände"

verwiesen wurde. Die Vermieterin begehrte Zahlung von hälftigen Kosten für Schönheitsreparaturen gegenüber der Erblasserin einer verstorbenen Mieterin. Nach Auffassung des Landgerichts Gießen bestand keine Verpflichtung, Schönheitsreparaturen durchzuführen. Die im Vertrag enthaltene Formularklausel sei wegen unangemessener Benachteiligung unwirksam, da sie dem Mieter ein Übermaß an Renovierungsverpflichtungen auferlege. Vorformulierte Fristenpläne seien nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs so abzufassen, dass der Fristenplan nur den Charakter einer Richtlinie habe, von der im Einzelfall bei gutem Erhaltungszustand der Mieträume nach oben abgewichen werden könne, was für einen verständigen Mieter auch erkennbar sein müsse.

Diesen Anforderungen werde die hier gegebene Formularklausel nicht gerecht. Danach könne der Vermieter spätestens zum Mietende alle bis zu diesem Zeitpunkt nach dem Grad der Abnutzung und Beschädigung gemäß nachstehendem Fristenplan erforderlichen Instandsetzungen und Schönheitsreparaturen verlangen. Auch wenn dabei in der Formularklausel auf „als angemessen geltende Zeitabstände“ verwiesen werde, würde dadurch beim Mieter der Eindruck entstehen, dass er die Schönheitsreparaturen in jedem Fall innerhalb der genannten Fristen durchzuführen habe. Dies sei eine starre Fristenplan, der dazu führe, dass die gesamte Schönheitsreparaturverpflichtung insgesamt unwirksam werde.

Die Entscheidung des Landgerichts Gießen ist aus mehreren Gründen zu kritisieren. Das Gericht setzt sich in der Entscheidung mit zwei zentralen Formulierungen auseinander, und zwar "nach dem Grad der Abnutzung" sowie "als angemessene Zeitabstände der Schönheitsreparaturen gelten". Diese beiden aufeinander abgestimmten Wendungen würden insgesamt zu einer Unwirksamkeit der Formularklausel führen. Der BGH hat allerdings die hier infrage stehende Formulierung "nach dem Grad der Abnutzung oder Beschädigung" unbeanstandet gelassen (BGH, Urt. v. 09.03.2005 – VIII ZR 17/04, WuM 2005, 234). Ferner hat der BGH auch die Formulierung zu einem Fristenplan, nach der die Schönheitsreparaturen "üblicherweise" nach bestimmten Zeiträumen erforderlich sein sollen, als wirksam angesehen (BGH, Urt. v. 22.10.2008 – VIII ZR 283/07, NZM 2008, 926; anders nur BGH, Urt. v. 05.04.2006 - VIII ZR 106/05, WuM 2006, 377). Bei Klauseln mit den (wirksamen) Formulierungen "üblicherweise/in der Regel/im Allgemeinen" erhält der Mieter einen Anhaltspunkt, nach welcher Zeit möglicherweise Renovierungsarbeiten anstehen (Langenberg, Schönheits- reparaturen, Instandsetzung und Rückbau, 4. Aufl., 2011, I Rn. 201). Dadurch wird dem Mieter lediglich ein Regelzeitrahmen vorgegeben, der es ihm gestattet, davon abzuweichen. Warum dies bei der hier gegebenen Formulierung ("angemessene Zeitabstände") nicht gelten soll, ist deshalb fraglich. Vielmehr ist davon auszugehen, dass diese Formulierung dem Mieter ebenfalls einen Regelzeitrahmen vorgibt, der als eine wirksame, flexible Fristenregelung anzusehen ist.

Schließlich bleibt ein weiterer Kritikpunkt, was die Frage eines starren Fristenplans anbelangt: Das Gericht bezieht sich in den Entscheidungsgründen auf die Rechtsprechung des Kammergerichts, wonach die Formulierung "regelmäßig" als starre und damit unwirksame Fristenregelung angesehen wurde (KG, Urt. v. 22.05.2008, GE 2008, 989 = WuM 2008, 398 Diese Rechtsprechung war aber zum Entscheidungszeitpunkt überholt. Der BGH hatte dazu bereits entschieden, dass eine Formulierung, nach der die Schönheitsreparaturen "regelmäßig" innerhalb bestimmter Zeitspannen durchzuführen sind, wirksam ist (BGH, Beschl. v. 20.03.2012 – VIII ZR 192/11, GE 2012, 821 m. Anm. Schach, GE 2012, 790; News v. 29.06.2012).

 

Haus & Grund Leipzig | RA Dr. Eric Lindner


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